Dora Hitz "In den Rosen“
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Eine vielversprechende Rückseite
Bei einer eher rudimentären Dokumentations- und Quellenlage kommt der Untersuchung der Rückseite eine große Bedeutung zu. Um dies zu illustrieren, betrachten wir die Rückseite eines Gemäldes von Dora Hitz. Bereits vor dem Entfernen des Rückseitenschutzes durch die Restauratorin konnte man an verschiedenen Stellen des Zierrahmens Aufkleber erkennen, die durchaus vielversprechend zu sein schienen.

Auf dem rechten Schenkel des Zierrahmens befindet sich ein kleines Papieretikett mit der schwer lesbaren Aufschrift Johann Weber M Wiesbaden. Sie ist die Bestätigung der Information, die bereits den Ankaufsunterlagen entnommen werden konnte: Das Gemälde wurde Ende 1942 für die Sammlung der Wiesbadener Gemäldegalerie bei dem Berliner Kunsthändler Johann Weber erworben.

In unmittelbarer Nähe wurde ein weiteres Klebeetikett mit dem Aufdruck eines Signets (schwer erkennbar) und dem Schriftzug MODERNE KUNSTHANDLUNG MÜNCHEN; Goethestraße 64 sowie dem handschriftlichen Vermerk „Dora Hitz – In den Rosen“ aufgebracht.

Ein kleines Etikett liefert einen großen Hinweis
Die Moderne Kunsthandlung München wurde 1905 von dem früheren Kammersänger Franz Joseph Brakl (1854–1935) in der Münchener Goethestraße 64 eröffnet. Ihr Schwerpunkt lag in dieser Zeit mit Künstlern der Münchener Secession und der Künstlervereinigung „Scholle“ auf deutscher Malerei der Moderne.
Einem Artikel über die Moderne Kunsthandlung München in der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ von 1906 ist die Abbildung des Firmensignets vorangestellt, so dass sich schließlich das auf dem Papieretikett vorgefundene Signet eindeutig zuordnen ließ. Wer das Signet entworfen hat, ist bislang nicht bekannt.

Ab 1909 ließ sich Franz Joseph Brakl von dem Architekten Emanuel Seidl am Münchener Beethovenplatz 1 ein Wohnhaus mit eigenständigem Geschäftsbau bauen und eröffnete dort im Sommer 1913 „Brakl’s Kunsthaus“ 1. (s. Abb.) 1930 löste Brakl im Alter von 76 Jahren sein Unternehmen auf, er verstarb fünf Jahre später.

Es ist davon auszugehen, dass Franz Joseph Brakl mit der Eröffnung seines „Kunsthauses“ im August 1913 und der damit einhergehenden Adressänderung (von der Goethestraße zum Beethovenplatz in München) auch sein Firmenlogo geändert hatte. Das Papieretikett muss demnach vor 1913 aufgebracht worden sein – als die Moderne Kunsthandlung noch unter der Adresse Goethestraße 64 in München firmierte. Vor diesem Hintergrund kann das hier zu besprechende Gemälde von „um 1917“ auf „vor 1913“ vordatiert werden.
Dora Hitz gehörte zur „Verbindung bildender Künstlerinnen Berlin-München“, die in den Jahren 1907 und 1908 auch Ausstellungen in Brakls Moderner Kunsthandlung hatte. Ob und wann das Gemälde von Dora Hitz dort ausgestellt war, lässt sich jedoch bislang nicht belegen.
Auch die auf dem roten Klebezettel aufgedruckten Initialen „L.B & S.“ bleiben bis jetzt ein Rätsel.

Ende gut, aber noch nicht alles
In diesem Fall erbrachte die Untersuchung der Rückseite interessante Details, die zu einer Vordatierung des Gemäldes führten. Trotz weiterer Recherchen zu Geschäftsunterlagen von Johann Weber, der Kunsthandlung Brakl wie auch zu verschiedenen Ausstellungsbeteiligungen von Dora Hitz konnte die Provenienz des Gemäldes bislang nicht vollständig geklärt werden.