Der Münchener Kunstmarkt war eine der wichtigsten Bezugsquellen des Hessischen Landesmuseums in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Besonders bei der Firma Hugo Helbing, die auch Filialen in Frankfurt/M. und Berlin unterhielt, wurden zwischen 1904 und 1934 mindestens 59 Objekte erworben. Dazu gehören u.a. Skulpturen, Gemälde, Porzellan, ein Musikinstrument und antike Kleinplastiken. Helbing war das vermutlich größte Auktionshaus Deutschlands und gleichzeitig eine Kunstgalerie mit Freihandverkauf. Ab 1933 wurden die Teilhaber des Auktionshauses von den NS-Institutionen als Juden verfolgt. Nach der Ermordung Hugo Helbings im November 1938 wurde seine Witwe genötigt, auf ihren Anteil an der Firma zu verzichten. Die Teilhaber waren zu diesem Zeitpunkt schon ausgeschieden und ins Ausland geflüchtet. Bei der Untersuchung der Objekte mit Helbing-Provenienzen war es daher wichtig, die 1933 und 1934 vom Museum erworbenen Objekte auf einen möglichen Zwangsverkauf hin zu untersuchen. Insbesondere die Käufe auf den Auktionen der Nachlässe von Louis Jay und Conrad Binding in Frankfurt mussten hierzu geprüft werden. Die zentrale Quelle hierfür stellen die Handexemplare der Auktionskataloge aus der Buchhaltung der Firma dar, von denen sich ca. 1000 Exemplare erhalten haben. Diese sind seit kurzem bei Heidelberg Digital (HEIDI) online einsehbar. Bei der Prüfung ergab sich kein Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, warum nach 1934 nichts mehr bei Helbing erworben worden war. Von den ebenfalls als Juden verfolgten Mainzer Kunsthändlern Karl Bloch und David Reiling wurde ab 1934 auch nichts mehr angekauft. Gab es – wie z. B. in München – ein Verbot, bei als „jüdisch“ deklarierten Firmen Objekte für das Museum zu erwerben? Der Totalverlust der Archive des Museums und vieler Behörden macht es heute schwierig, diese Frage eindeutig zu beantworten.
Von den ehemals 59 direkt bei Helbing erworbenen Objekten gingen mindestens sechs durch Kriegseinwirkung und Diebstahl verloren. Weitere 24 im Museum befindliche Objekte haben eine Helbing-Vorprovenienz. Sie kamen vor 1933 über Zwischenbesitzer in die Sammlung. Insgesamt sind aktuell 73 Objekte mit Helbing-Provenienz bekannt. Da nicht alle Inventarbücher des Museums den 2. Weltkrieg überstanden haben, könnte die Zahl durchaus höher liegen. Auch ist es möglich, dass weitere Sammlungsobjekte eine bislang unbekannte Helbing-Provenienz besitzen.