Der Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. (AK PF) ist ein seit 2000 bestehendes internationales Netzwerk von Wissenschaftler*innen und Expert*innen, die sich vorrangig an Museen, Bibliotheken, Archive und im Kunsthandel, aber auch im Rechtswesen, akademischen Bereich oder freiberuflich mit der Erforschung der Herkunft bzw. des unrechtmäßigen Entzugs von Kulturgütern beschäftigen. Der AK PF ist seit 2014 als eingetragener Verein organisiert. Zu den zentralen Aufgaben gehören die fachliche Unterstützung der Provenienzforschung in allen ihren Tätigkeitsfeldern und die Förderung des interdisziplinären Austausches. Inzwischen hat der AK PF über 350 Mitglieder aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und den USA.

Glossar
Sachregister
A
Die nationalsozialistische Wortschöpfung "Arisierung" beschreibt den Vorgang der Enteignung des Besitzes von Jüdinnen und Juden, also deren Unternehmen, Geschäfte, Haus- und Grundeigentum sowie Aktien, Barvermögen, und die Übereignung an nichtjüdische (im nationalsozialistischen Sprachgebrauch „arische“) Privatleute, Firmen oder an den Staat.
C
Nach Ende des 2. Weltkrieges gab es in Deutschland von den Militärbehörden der westlichen Besatzungszonen errichtete Sammeldepots für das sicherzustellende Kunst- und Kulturgut. Dort wurden die Bestände deutscher Museen, die während des Krieges evakuiert worden waren aber auch Raubkunst aus dem In- und Ausland zusammengetragen, erfasst und registriert. Ähnlich wie die Provenienzforschung heute vorgeht, wurde dort versucht, die Herkunft der Objekte zu identifizieren und sie an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. In der amerikanischen Besatzungszone gab es vier zentrale Sammelstellen (Central Collecting Points): in Marburg (1945-46), München (1945-49), Offenbach (1946-1948) und in Wiesbaden (1945-1951).
G
zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz
Mit ihrer Erklärung zur „Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999 („Gemeinsame Erklärung“) haben sich Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände zur Verwirklichung der Washingtoner Erklärung bekannt.
L
Durch die diskriminierenden Maßnahmen der Nationalsozialisten (beginnend mit dem sogenannten „Judenboykott“ ab dem 1. April 1933) wurden die durch das NS-Regime verfolgten Menschen mehr und mehr zur Emigration ins Ausland gedrängt. Für die Auswanderung wurden meist Speditionen beauftragt, das Umzugsgut zu transportieren. Die entsprechenden Packlisten mussten der Gestapo vorgelegt werden, wurden von einem Gerichtsvollzieher geprüft und der Wert der Objekte geschätzt. Daraufhin mussten hohe Abgaben gezahlt werden. Die sogenannten Lifts, in denen das Umzugsgut dann weiter transportiert wurde, durften nur unter Aufsicht gepackt werden und wurden versiegelt. Anschließend waren Speditionen dafür zuständig, die Kisten per Flugzeug, Bahn oder Schiff an ihren Zielort zu bringen. Allerdings lagerten sie meist viele Jahre in den Speditionen. Ab Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 durften keine Lifts mehr verschickt werden. Die meisten lagerten noch unter anderem in den Häfen von Bremen und Hamburg und wurden daraufhin von der Oberfinanzdirektion bei öffentlichen Auktionen an die Meistbietenden versteigert. Die Einnahmen dieser „Verwertung“ wurden dem Deutschen Reich zugeführt. So gelangten unzählige Objekte in Museen, Kunsthandlungen, Bibliotheken aber auch an Privatpersonen.
In Wiesbaden war die 1842 gegründete Spedition „L. Rettenmayer GmbH“ einer der Hauptakteure für den Transport von Umzugsgut im Zeitraum von 1933 bis 1945. Nach Angaben der Firma wurden die betreffenden Dokumente durch Kriegseinwirkungen zerstört.
Die Londoner Erklärung war Grundlage für die Restitutionsregelungen der alliierten Besatzungsmächte in Deutschland. Die sogenannte Alliierte Erklärung traf im Kern die Aussage, dass jegliche Geschäfte, die in und mit dem Deutschen Reich getätigt wurden für nichtig erklärt wurden. Dabei waren vor allem die durchgeführten Arisierungen und Geschäftsliquidierungen gemeint, schlossen aber auch entzogene Besitztümer mit ein.
O
Das Offenbach Archival Depot war die Hauptsammelstelle geraubter jüdischer Bibliotheken, Archive und Ritualgegenstände. Die US-amerikanischen Behörden siedelten es in der Nähe von Frankfurt am Main an, da seine Arbeit mit der Restitution der umfangreichen Raub-Bestände des nationalsozialistischen »Instituts zur Erforschung der Judenfrage« begann. Im Vergleich zu Gemälden war die Zuordnung und Restitution von Buchbeständen ungleich zeitaufwändiger. Bis zu seiner Schließung im Juni 1949 durchliefen das Depot knapp 5 Millionen Bände, die aus über 4 000 unterschiedlichen öffentlichen oder privaten Bibliotheken stammten.
P
Die Geschichte eines Kunstwerks kann manchmal ausgehend von wenigen Provenienzmerkmalen erzählt werden. Dazu zählen Aufschriften, Aufkleber, Etiketten oder Stempel auf der Rückseite des Keil- oder Zierrahmens. Diese können Hinweise auf frühere Besitzer*innen, Ausstellungen, Auktionen, Kunsthandlungen, Schenkungen oder Verkäufe verbergen. Teilweise wurden Provenienzmerkmale versehentlich oder absichtlich entfernt, auch um die Herkunft des Objekts zu verschlüsseln. Gemälde weisen häufiger Merkmale auf als Arbeiten auf Papier oder dreidimensionale Gegenstände. Die zugeordneten Provenienzmerkmale dienen als Grundlage für weitere Recherchen.
T
Dieser Tag wurde 2019 vom Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. ins Leben gerufen und findet seitdem einmal jährlich, am zweiten Mittwoch im April statt - das nächste Mal am 14. April 2021. Er soll dazu dienen, das Forschungsfeld und seine Akteure einem breiteren Publikum bekannt zu machen und die Inhalte und Methoden der Provenienzforschung vermitteln.
W
44 Regierungen und 13 Nicht-Regierungsorganisationen verpflichteten sich im Dezember 1998 auf elf Grundsätze für den Umgang mit NS-Raubkunst. Sie betrafen die Öffnung der Archive, die Veröffentlichung der Objekte und die Suche nach »fairen und gerechten Lösungen« mit den Erben.