Im Jahre 1955 stifteten vier Darmstädter Firmen (DeTeWe, Schenck, Storm und Odenwälder Hartstein) der Graphischen Sammlung des HLMD je eine Druckgrafik von Franz Marc. Die Blätter „Pferd und Igel“, „Der Stier“, „Kängurus“ und „Wildpferdchen“ bereicherten den Bestand der Sammlung erheblich. Im Zuge der nationalsozialistischen Beschlagnahmungsaktion 1937 waren die expressionistischen Grafiken für immer verloren gegangen. Offenbar hatte Museumsdirektor Erich Wiese einen Aufruf zur Stiftung von Druckgrafiken des Expressionismus gestartet, um die gravierenden Lücken wieder zu füllen.
Da die Blätter Stiftungen von Firmen waren, wurde im Inventarbuch nicht eigens angegeben, von welcher Galerie sie erworben worden waren. Es gibt allerdings auf zwei Grafiken einen handschriftlichen Vermerk von Maria Marc, dass sie aus dem Nachlass von Franz Marc stammen. Marcs Witwe Maria (1876-1955) hatte den künstlerischen und schriftlichen Nachlass ihres 1916 im Ersten Weltkrieg umgekommenen Mannes verwahrt und so für die Nachwelt vor der Zerstörung durch die Nationalsozialisten gerettet.
Seit 1945 bemühte sie sich darum, die Kunstinteressierten für die Werke des als „Entartete Kunst“ verfemten Expressionismus zu begeistern. Sie beauftragte den Münchener Galeristen Otto Stangl mit dem Verkauf von Objekten aus dem Nachlass und setzte ihn per Testament schließlich als Verwalter des künstlerischen Nachlasses ein. Im Archiv der Galerie Stangl, welches heute im ZADIK in Köln verwahrt wird, fand sich eine Liste, welche einen Teil dieser Verkäufe dokumentiert. Auf ihr finden sich vier Positionen zu Grafik von Marc aus dem Jahre 1955, von denen drei sicher als die heute in Darmstadt befindlichen Blätter identifiziert werden können.
Leider ist beim vierten Blatt „Wildpferdchen“ auf der Liste weder Technik noch Sujet angegeben, so dass die Werkidentität in diesem Fall nicht ganz gesichert ist. Auf der Rückseite des Blattes ist aber die Herkunft aus dem Nachlass handschriftlich vermerkt, so dass alle vier Grafiken als unverdächtig angesehen werden können.
Udo Felbinger