Durch eine Schenkung aus Privatbesitz gelangte vor kurzem ein barockes Porträt in die Sammlung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt. Es handelt sich dabei um das etwa 1725 entstandene Selbstbildnis von Johann Christian Fiedler (1697-1765). Am 28. November 1725 war Fiedler von Landgraf Ernst Ludwig (1667-1739) zum Hofmaler in Darmstadt ernannt worden. Vermutlich war seine Ernennung der Anlass für diese repräsentative Selbstdarstellung. Fiedler malte im Laufe seines Lebens zahlreiche Selbstbildnisse. Zwei von ihnen befinden sich bereits seit über zweihundert Jahren in der Sammlung des Museums. Wegen der bis heute nicht genau bekannten Anzahl von Fiedlers Selbstbildnissen war die Ausgangssituation für die Provenienzrecherche zunächst nicht sehr vielversprechend.
Die Prüfung der Provenienz ergab, dass das aus altem Familienbesitz stammende Gemälde sich im Besitz des Darmstädter Stadtpfarrers Kleberger befunden hatte. Karl Kleberger (1862-1941) stammte aus der Nähe von Butzbach und lebte seit 1892 in der Region, wo er seine erste Pfarrersstelle in Groß-Umstadt antrat. 1899 wurde Kleberger zum Darmstädter Stadtpfarrer ernannt. Für das Jahr 1919 ist „Frau Pfarrer Kleberger, geb. Buchner“ in der Monografie über Fiedler als Eigentümerin dokumentiert. Diese Monografie hatte der ehemals großherzogliche Haushofmeister und spätere Direktor des Schlossmuseums Kuno von Hardenberg verfasst. Hier findet sich auch eine Abbildung des Gemäldes. Aber wo hatte sich das Werk in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933-1945 befunden?
Der Katalog der Ausstellung „Zweihundert Jahre Darmstädter Malerei“ von 1930 führt unter der Nummer 118 ein Selbstporträt von Fiedler auf. Als Besitzer ist „Pfarrer Kleeberger, Darmstadt“ angegeben. Man kann daher davon ausgehen, dass es sich um das vorliegende Werk handelt, auch wenn es im Katalog nicht abgebildet ist und weder die Maße oder andere beschreibende Details angegeben wurden. Nach Klebergers Tod 1941 erbte es seine älteste Tochter und so verließ das Gemälde Darmstadt drei Jahre vor der verheerenden Brandnacht vom 11. /12. September 1944, als die Stadt in großen Teilen zerstört wurde. Seitdem war es in Familienbesitz geblieben und befindet sich seit 2011 als Dauerleihgabe im Museum.
Dr. Udo Felbinger